Feiffer, Peter (2) – Der Junge mit dem Renault.

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Der Junge mit dem Renault. – Geschichten einer ungewöhnlichen Kindheit in der "alten Heimat"

978-3-86289-055-2

Es ist eine ungewöhnliche Kindheit. Geboren 1934 und aufwachsend in Ostpreußen, wird der sechsjährige Peter von seinen Eltern – Besitzer und Verwalter von Gütern – für mündig erklärt, um in diesen unruhigen Zeiten die Nachfolge zu sichern. Die Kindheit endet 1945 mit der Flucht „ins Reich“. Peter Feiffer erzählt im Alter die Geschichte seiner Kindheit in Geschichten, scheinbar ungeordnet, tatsächlich aber gerade durch die Verflechtungen mit seinem späteren Leben zeigend, wie dieser Kind-Erwachsene dadurch seine Lebensprägung erfahren hat.

Vorwort
Ich versuche hier, mein Leben in der Jugend, in der Heimat so zu beschreiben, wie es wirklich war, und ich werde versuchen, die darauf folgende Flucht so zu beschreiben, wie sie wirklich war. Seit dem 65. Lebensjahr schrei­be ich oft täglich an einer Familienchronik, die ich seit 35 Jahren vorbereitete. Es ist das Leben einer Landwirtsfamilie von 1900 bis 2000, das darin dargestellt wird. Es ist das Leben auf sehr großen Besitztümern in Schlesien, Polen und Ostpreußen, danach die Tragik der Flucht. 
2007 erschien der erste Band „Die Reise nach Moskau“. Als Band 1 vorge­zogen aus zeitgeschichtlichen Gründen. Da es noch lange dauern kann, ehe das umfangreiche Werk erscheint, entschloss ich mich zur Jahresmitte 2009, die vorbereiteten Bände „Heimat“, „Flucht“ und  Neubauernzeit“ in je einem Band zusammenzufassen, nachdem der erste Band „Die Reise nach Moskau“ eine gute Aufnahme gefunden hat. In diesem Band stelle ich die großen Gegensätze meiner Jugend dar. Das Leben auf den großen Gütern in Polen und Ostpreu­ßen, die furchtbaren Schrecken der Flucht. 
Es folgen dann in den weiteren Bänden die Arbeit und das Leben auf einem Neubauernhof nach der Boden­reform mit allen ihren heute in meinem nun   80. Lebensjahr noch nachwir­ken­den gesellschaftlichen Ereignissen. Vom ersten Tage an sind so unterschiedlich, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. 
Im Rahmen der Arbeit an der Familienchronik wurde mir bewusst, das die Flucht ein großer Eingriff war, der noch heute nachwirkt. Denn wir sind geflüchtet, und es war grausam und furchtbar. Ich verlor meine Mutter auf tragi­sche Weise. Meine Cousine verlor ihren Vater auf noch tragischere, grausame Weise. Unsere Oma kam ums Leben. Ich will das gar nicht alles aufzählen. Wenn man das alles aufzählt, ist es schrecklich. Und diese schrecklichen Erin­nerungen, die haben wir ein bisschen verdrängt. Wir wurden von den Flie­gern, von den Tieffliegern beschossen. Vieles war so schrecklich, dass man es nicht erzählen kann, und ich will es auch gar nicht erzählen. Aber es ist so, dass nach diesen rund 70 Jahren doch die Ereignisse der damaligen Zeit – die Flucht, die Vergewaltigungen, die Ermordung von Menschen – bei uns wieder wesent­lich stärker in die Erinnerung gelangte, als das in der ersten Zeit des Aufbaus der Fall war. Da ist es so, dass ich es für unerhört wichtig halte, dass diese ganzen Dinge, die großen Leiden der ostdeutschen Landwirte, wir können auch sagen der ost-elbischen Junker, in ihrer Gesamtheit in den Lebenserin­nerungen und in den Büchern zumindest soweit dargestellt werden, dass diese Leiden nicht so schnell untergehen. Deshalb habe ich mich bemüht, neben der Vertreibung aus der Heimat, die ja ein furchtbarer Eingriff in das Leben einer Familie ist, auch viele Brutalitäten im Rahmen der Flucht zumindest anzusprechen. Aber eines wurde mir bewusst: dass wir das, was wir erlebt haben, zwar verdrängt haben, aber es war ja immerhin eine Zeit mit allen Flüchtlingslagern, durch die wir geschoben wurden, von fast 1,5 Jahren. Und plötzlich waren wir wieder in einem Dorf. In einem Dorf mit einem, so kann man sagen, normalen dörflichen Leben. Wir hatten wieder Schulfreunde, uns ging es wieder gut. Wir haben zwar noch mächtig gehungert, schwer gehungert sogar, aber wir waren wieder dort, wo wir hergekommen waren, in einem Dorf mit einem eigenen Stück Land. Und dort konnten wir tätig sein. Und als wir wieder tätig waren, waren wir wieder froh, und deshalb kann man heute die Arbeitslosen recht gut verstehen. Da waren wir so froh, dass es die schönste Zeit meines Lebens wurde. Auch für meine Cousine und andere war es dann die schönste Zeit des Lebens. Und es war deshalb die schönste Zeit des Lebens, weil diese furchtbare Zeit des Traumas vorbei war. Diese Zeit des Traumas hat natürlich Spuren hinterlassen, körperliche Spuren, große körperliche Spuren, die wir heute alle merken. Wir sind froh, dass wir überhaupt durchgehalten haben. Seelische Spuren, denn man träumt noch heute diese furchtbaren Erlebnisse; nicht jeden Tag, Gott sei Dank, aber die Albträume kommen, und ich dachte ja, dass sie im Laufe der Zeit weggehen werden. Aber sie werden fast von Jahr zu Jahr mehr. Die körperlichen Schäden aber sind geblieben. Was haben die Ärzte in diesen ganzen Jahren an mir geleistet, und ich muss ihnen von ganzem Herzen dafür danken.
„Der Junge mit dem Renault“ heißt der zweite Band meiner Lebenserin­ne­rungen aus den großen Besitzungen und weit verzweigten Familie in Schlesien, Polen und Ostpreußen, einer fast völlig unbeschwerten, aber doch schon mit zahlreichen Verpflichtungen und großen Freiheiten gekennzeich­neten Kindheit. „Meine Flucht“ heißt der dritte Band, der auf das Leben in sehr hohem Wohlstand folgt, wobei ich die dortigen Tragödien und die ganze Tragik bewusst etwas ausblende, weil es mich noch heute belastet. Und „Meine Neubauernzeit“ wird der vierte Band heißen.
 
Juni 2013

Dr. Peter Feiffer

 

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