Von meinen Streifzügen durch Natur und Landschaft der Heimat habe ich Notizen und Skizzen heimgebracht, anfangs ohne bestimmte Absicht, dann gesammelt und geordnet zum Zwecke einer zusammenhängenden Arbeit mit Plan und Ziel. Das Ergebnis ist vorliegendes Buch.
Es enthält langjährige Beobachtungen, Erfahrungen, Studien, innere Erlebnisse, Erinnerungen, die bis in meine Jugendzeit zurückreichen. Es behandelt die Landschaft zwischen Elbe, Havel und Fläming. (Letzterer ist das Mittelstück des südlichen der beiden großen norddeutschen Höhenzüge.) Es sind das Jerichower Land, der sogenannte Elb-Havel-Winkel, und angrenzende Gebiete: politisch größtenteils der Provinz Sachsen, nach Natur und Landschaft aber zur Mark Brandenburg gehörig.
Darüber hinaus regten mich meine Wanderungen zu allgemeinen Themen an wie: Kranichzug – Vogelflug – Steppenhuhn – Tierwanderungen, Biber – Naturschutz. Und weiter: Jeder kleinste Aufschnitt der Natur eröffnet bei intimer Beschäftigung mit ihm weite Ausblicke, tiefere Zusammenhänge. (Siehe die Kapitel: „Vogelzug“ – „Ändert sich unser Klima?“)
Aber auch dort bleibt der menschliche Geist noch nicht stehen. Wir sind nun einmal dazu bestimmt, das „suchende Geschlecht“ zu sein, das den Dingen auf den letzten Grund zu gehen sich bemüht. So werden neue Probleme angeregt. Und von welchem Ausgangspunkt man auch immer kommen mag, immer gelangen wir zu den letzten Fragen.
Es war nicht meine Absicht, eine umfassende, systematisch durchgeführte Heimatkunde im landschaftlichen Sinne zu geben; sondern die behandelten Gebiete sind herausgegriffen als Beispiele für die verschieden geartete Landschaft, deren charakteristische Merkmale jeder Beobachter in seiner eigenen Umgebung, je nach ihrer Art, mehr oder weniger ausgeprägt wieder finden wird. – Und zwar sind typisch die Landschaften:
1. Groß Lübars: Wie ein früher aus Kultur- und Heideland gemischtes Gebiet zum Kulturland im reinen Sinne, ohne Rücksicht auf das Landschaftsbild, umgewandelt ist.
2. Altengrabow: Reiner Heidecharakter, aber, um Mißverständnissen vorzubeugen: Steppencharakter.
3. Klein Lübars: Glückliche Vereinigung einer hohen Bodenkultur mit Wahrung der landwirtschaftlichen Schönheiten.
4. Möckern: Beispiel einer wasserreichen, fruchtbaren, stellenweise bruchigen Niederung.
5. Brandtsheide: Reines Waldgebiet.
6. „Hoher Fläming“: gewellte Hochebene.
7. Ihle und Gloiner Bach: Niederungs- und Durchbruchsfluß.
8. Fiener Bruch: Verlandung eines stehenden Gewässers.
9. Harkeberge: Miniaturgebirge.
Im übrigen liegt der Ton mehr auf dem Wort: biologische Heimatkunde.
So, wie die behandelten Landschaftsgebiete typisch sind für die deutsche Ebene überhaupt, das Küstengebiet ausgenommen, so gilt auch dasselbe von den Tierstudien: Auch diese gelten gleichermaßen für alle Gegenden unseres Vaterlandes. Insofern beschränkt sich das vorliegende Buch, ganz abgesehen von den allgemeinen Themen, nicht nur auf das oben umrissene Stück, unsere engere Heimat, sondern wendet sich auch an die Leser über die Grenze des Jerichower Landes hinaus.
So ist die Auswahl und Anordnung des Stoffes entstanden: Zwanglos, locker, ohne sich an bestimmte örtliche oder zeitliche oder stoffliche Reihenfolgen oder politische Grenzen zu binden, sondern nur dem oben angegebenen Prinzip folgend. Einer von den vielen Wegen: „Vom kleinen zum Großen“ – „Vom Sichtbaren zum Unsichtbaren".
„Verschieden ist die Zahl der Wege,
Vom Fuß des Berges auf den Gipfel führend,
Wo alle sich treffen, die diese Pfade gegangen,
Und gemeinsam sich freuen am kristallenen Mond.“
Wenn dazu mein Buch einen Beitrag geliefert haben sollte, und wenn es weiter diesen oder jenen anregen sollte, von seinem Platz, seiner Umgebung aus, auch einen Weg zum gemeinsamen Ziele zu suchen, dann ist sein Zweck erreicht. – Denn es ist ja alles nur ein Suchen:
„Geheimnisvoll am lichten Tag
Läßt sich Natur des Schleiers nicht berauben,
Und was sie deinem Geist nicht offenbaren mag,
Das zwingst du ihr nicht ab mit Hebeln und mit Schrauben."
Freude an der Natur – Anregung zu weiterem Forschen – Erschließung der Heimat – Pflege des Heimatgedankens sei der Sinn des Buches.
Walter Knust