Kebbel, Joachim – Humpellenne. Ein Bördeschicksal

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Humpellenne. Ein Bördeschicksal

978-3-86289-102-3

Joachim Kebbel, 1920 in Sülldorf geboren und 2015 verstorben, hat sein nicht einfaches Schicksal auf­geschrieben und zugleich seinem Heimatort ein Denkmal gesetzt. In der Kindheit geprägt von den Folgen der Kinderlähmung – „Humpellenne“ – hat er Sülldorf 30-jährig verlassen und ist trotz seines Erfolges in der Fremde wieder zurück­gekehrt, um etwas für Sülldorf zu tun. Für seine Verdienste um den Ort erhielt er die Ehrenbürgerwürde. Sein Blick auf sein Leben ist ein Blick auf ein Jahrhundert.

Prolog

„Alles, was wir nicht aufschreiben, hat umsonst gelebt, ist nie dagewesen.“ Dieses Zitat des Schriftstellers Hermann Kesten ist dem Verfasser der Erinnerungen des Börde-Schicksals „Humpellenne“, Joachim Kebbel, in Erinnerung ge­blieben, und er beherzigt es in der Schilderung seines bewusst empfundenen Lebens. 

Joachim Kebbels Leben begann in dem kleinen Bördedorf Sülldorf, unweit der Stadt Magdeburg. Es führte ihn später in den Westen Deutschlands, um ihn dann nach der Wende in die Nähe seines Heimatortes zurückzubringen, wo er zuletzt in dem nahe gelegenen Beyendorf lebte, sehr geachtet als Ehrenbürger des Dorfes Sülldorf.
Mit großer Liebe schildert er seine Jugend, die gekennzeichnet ist durch seine Leiden, die Auswirkungen einer spinalen Kinderlähmung. Hieran litt er sein ganzes Leben. Sie brachten ihm Demütigungen von Gleichaltrigen und auch den Spitznamen „Humpellenne“ ein, aber sie führten wohl nicht zu tiefer gehenden seelischen Schäden. So dachte er bis in sein hohes Alter von 95 Jahren dankbar an sein dörfliches Aufwachsen im „Plümeckschen Hof“, dem väterlichen Inspektorenanwesen, fürsorglich umsorgt von seiner herzensguten Familie. Die Behinderung bewahrte ihn auch während des Krieges vor dem Einsatz an der Front.
Zwei Gutsbetriebe gab es in Sülldorf. Sie wurden in bester Ordnung geführt und machten den Herzschlag des Dorfes aus. Joachim Kebbels Vater war der Inspektor des einen Betriebes, und so war das Leben in diesem Umkreis die landwirtschaftliche Welt, und seine lebhaftesten Schilderungen gehen zurück in diese Zeit. Da auch für den Verfasser dieses Vorwortes Sülldorf die Heimat war, erwecken viele Namen und Gegebenheiten vertraute Erinnerungen.
Es folgte die Zeit der Berufsfindung mit der Lehre als Handelsgehilfe und dann die Übernahme von verantwortlichen Aufgaben, bis Joachim Kebbel schließlich im Landproduktenhandel Selbstständigkeit fand und auch seine spätere Frau kennenlernte.
Die Heimat wurde nach anfänglicher Eroberung durch die amerikanischen Streitkräfte bald von der sowjetischen Administration übernommen, damit zur sowjetischen Besatzungszone und später zur DDR. Der Autor dieses Buches beschreibt das Leben unter dem „Sozialismus“ sehr anschaulich. Immer wieder berühren Gegebenheiten des Umfeldes sein Leben. In Zeitungsausschnitten und anderen Anlagen und Fotografien dokumentiert er diese Erlebnisse. Auch ergreifende Schicksale aus schweren Zeiten schildert er in größter Eindringlichkeit und bewahrt sie so vor dem Vergessen. Sie machen diese Schrift so wertvoll.
1952 gelingt dem Ehepaar die Übersiedlung nach Westdeutschland und der Aufbau einer guten Existenz als Versicherungskaufmann im Raum Köln. Im Rückblick stellt er fest, dass dies die schönsten Jahre seines Lebens waren. Dort erlebt er den Wiederaufbau und das Wirtschaftswunder der Bundesrepublik. 
Bei einem Besuch in seinem Heimatdorf anlässlich der Beisetzung seiner Mutter werden ihm greifbar die Unterschiede zwischen den beiden Teilen Deutschlands bewusst. Die Ereignisse um die Wiedervereinigung werden aus seiner Sicht eingehend beschrieben. Nach und nach reift bei dem Ehepaar die Überlegung, sich wieder in der alten Heimat eine Bleibe zu schaffen. Das elterliche Anwesen seiner als Alleinerbin bestimmten Ehefrau befindet sich zu diesem Zeitpunkt in der Verwaltung der Gemeinde Beyendorf, und in zähen Verhandlungen gelingt es, die Rückübertragung zu erreichen. 1997 kommt es dann zu dem Umzug nach Beyendorf, nicht zum vollen Glück der Beteiligten. Es blieb ein Wehmutsgefühl, wenn er an die gemeinsamen Freuden in der landschaftlich so schönen Umgebung des Rheinlandes dachte.
Kurz vor dem Tod seiner Frau kamen immer wieder Überlegungen auf, was  mit den angesparten Mitteln und dem Wert der Grundstücke des ohne Nachkommen gebliebenen Ehepaares einmal werden solle. Es wurde am Ende beschlossen, eine gemeinnützige Stiftung zu gründen, die zur Unterhaltung der Friedhöfe von Sülldorf und Beyendorf, zur Förderung des Denkmalschutzes im Bördekreis und zur Kulturarbeit des Heimatvereins in Sülldorf beiträgt. Im Jahre 2000 wurde die „Kebbelsche Stiftung Heimaterde“ ins Leben gerufen. Der Stiftung ist es seitdem gelungen, viel zur Verschönerung der Heimat zu leisten. 

Ich wünsche dem vorliegenden Buch einen guten Erfolg. In unserer schnelllebigen Zeit halte ich es für ein Geschenk, wenn ein Mensch mit so viel Heimatliebe die uns alle prägenden Geschehnisse der zurückliegenden Zeit vor dem Vergessen bewahrt. 

Joachim von Alvensleben 
Köln/Sülldorf im Januar 2015

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